Wenn sich…
Wenn sich die Dämmerung
in die Vororte meines Denkens
ausbreitet
und der Horizont sich mit dem Blut
des schlechten Gewissens
verfärbt…
Wenn der
unheilverkündender Totenvogel
den ewigen Schläfer
weckt…
Wenn die Sarazenen
die letzte Jungfrau
unsres Glaubens
entführen…
Wenn sich die Heere
des Mondwechsels
in Sonnenblumen
und
das Heulen der Geschosse
in Pans Gesang verwandeln…
Wenn der sterile Geruch
der Brandstätten anfängt
nach Hoffnung zu duften
und die Vertriebenen
das verlorene Paradies
wiederfinden…
Wenn die Einsamkeit
in Millionen wird messbar sein
und sie unbemerkt aus den Wörterbüchern
und Lexika verschwindet
Wenn im Schatten des Weinbergs
dem Pilger Versöhnung begegnet,
erst dann
werde ich mich auch
zur Ruhe begeben.
Der Herr der Träume
Meine Träume sind eilige Bläschen
hochmütig, verrückt und stürmisch,
die auf dem Auge des stillen Meeres
dem Hauptjongleur das Geheimnis verraten,
daß sich jemand dort auf dem Grund
ohne Ankündigung aufhält.
Meine Träume sind atemlose Drachen
aus Krepppapier und Furcht
die es mittels ihres Glaubens,
für ein Weilchen schaffen,
die Sonne zu verdecken
und den Tag auszulöschen.
Sie sind das zeitlose Chaos
vor dessen Rätsel ich mir
immer noch meinen Kopf kratze,
von den Düften des Morgenkaffees berauscht.
Klopf, klopf, klopf…
Die Ouvertüre für den Schläfer.
Ich bin der steinernen Schläfer
und nur meine Träume sind luftig,
wie hastige und magere Windhunde
und sie halten mich wie Bojen,
so das ich nicht mit dem Ende
der Erzählung untergehe.
Ich bin der Herr der Träume
und sie sind rebellisch und vom neuen Schlag
eingeflochten durch Funken
in einen Zopf ohne Hinterkopf,
doch mein Königreich steht
über dem letzten Gedanken
Der Tag
Ich kreise gierig
über den Resten dieses Tages,
dem Erstgeborenen im neuen Jahrhundert
für das einige behaupten
es sei auch das letzte,
doch ich schere mich nicht darum,
denn ich werde es nicht erleben.
Der Schlauch der Zeit
zieht sich hinter meinen Fußstapfen
verräterisch bezeugend
dass ich hier war,
dass ich existierte.
Vor kurzem begriff ich,
dass man die Vergangenheit
mit Trauer herbeiruft.
Deshalb verspüre ich Sehnsucht
auch nach diesem Tag,
den wir verschwenderisch angebrochen
und dann verderben haben lassen.
Abwesend koste ich die Überreste
des Widerscheins, der unerbittlich
mit der Verkündigung des lautlosen Todes verblaßt.
Die Schatten der Nacht haben
am azurblauen Horizont
den Tag eingeholt und heimtückisch niedergestreckt.
Wir sind Waisenkinder der Stunde,
die mit jedem unserer Atemzüge
für jemanden die letzte ist.
Pech oder Erlösung bleibt
im Geheimnis verborgen,
weil uns die Erkenntnis fehlt
wann für uns die Glocke schlägt.
Dompteur der Wörter
Stellen Sie sich Worte ohne Deckung vor
farblos, satt und entblößt,
wie sie mich lieben,
wie sie mich schmerzen.
Diese Totengräber im Schachspiel,
diese Raben auf blassem Papier,
auf herbstlichem Stoppelfeld und im Schlamm,
im Sumpf unserer Gleichgültigkeit.
Stellen Sie sich gezähmte Wörter vor,
wie strenge Armeen erstarrt,
wie Chinesen in unzähliger Reih und Glied,
mit einer Nachricht, die in der Luft hängt
und einen versehentlich abgefeuerten Schuss…
Diejenigen, die dem Augenblick entkommen,
aus der Kehle mit einem Schrei
oder als niedergelegte schwarze Buchstaben,
können jemanden wie eine Kugel verletzten,
aber da sind die wütenden Zerberusse,
die geduldig an meiner Schwelle hocken
und mich vor mir selbst schützen.
Ich habe meine Worte gezähmt,
aber ich fürchte mich, sie aufzuschreiben,
ich werde meine Meinung ändern
das Gemüt vielleicht auch,
aber sie zu löschen,
davon mach ich keinen Gebrauch.
Trost
Ich suche Trost auf dem Bürgersteig,
der durch den plötzlichen Augustregen bespuckt bleibt.
Ich suche ihn im schimmernden Schatten
der Akazien, die die rechte Seite
der Avenue Foch säumen
oder, vielleicht die Linke…
Die Ankündigung des Herbstes hängt in der Luft,
sich sehnend, einen unwiderruflichen Punkt
auf unsere prosaische Geschichte zu setzen.
Der verworfene Traum hat die Spuren
in den zischenden Asphalt geprägt,
unbemerkt entrückend in Richtung
des Vergessens.
Auf einmal haben wir auf uns verzichtet,
sind ich und sie geworden.
Seltsam,
im Krieg wurden
nur die Brücken konsequent
zerstört.
Von einem Ufer ist
das andere schwer zu erreichen…
Letzte Nacht habe ich geträumt
Letzte Nacht habe ich geträumt,
daß es Dich nicht gibt
und daß die Winde vom Hilandar
deine Spuren im Sand verwischten,
während Du dich,
hinter unausgesprochenen Worten,
in eigener Gleichgültigkeit entferntest.
Ich habe versucht aus diesem Traum,
der kein Traum war,
aufzuwachen,
um Dich,
mit fremdem Namen für meinen Mund,
herbeizurufen.
Diese schalen Wörter
lassen sich nicht in Deine Richtung werfen,
sondern schweben im Schweigen,
unter dem Obdach des Baldachins.
Von dieser Seite holt mich das Dunkel ein,
und löscht,
mit dem Hauch der Einsamkeit,
die Feuerstätten,
nun, da ich,
am Sonnenblumenfeld,
das Gold der Dämmerung trinke.
Ich trinke die Träume,
die nicht in unserem Garten
aus erschöpfter Hoffnung,
reiften.
Am Horizont spannte ich meine Versprechen
wie eine weiße Fahne, um ihren Schritt unentschlossen zu machen
aber das Ende dieser Geschichte
schreibt sich mit Tränen
und zwei minus eins
wird wieder keins.
Der blinde Passagier
Sind alle an Bord
Du, Notar meiner Anwesenheit,
meiner königlichen Bedeutungslosigkeit?
Ob diese Arche Noah in meine Richtung segelt,
oder habe ich wieder die Falsche gewählt?
Warnen mich vielleicht diese Wellen,
mit der Umarmung eines Sumo-Ringers,
wegen der Schlange der Inkonsequenz,
die sich in meiner Brust versteckt?
Vom unteren Deck scheint der Tag
wesentlich größer zu sein,
und es ist schwer ihn zu bewältigen.
Ich bin ein Reisender ohne Ticket,
aber ich ahne, daß die anderen
sich nicht darum scheren.
Die Richtung, der ich jetzt folge,
verbrennt die Bilder der Unentschlossenheit,
die hinter uns bleiben
und mit Zügeln meine Horizonte zähmt.
Zusammen sind wir schwächer,
nur eine aufgedunsene Leiche
im Morast der Kleinbürgerlichkeit.
Allein bin ich stärker,
mit der Kraft eines in die Enge Getriebenen.
Die Tür bleibt einen Spalt offen
für meine letzte, hypothetische Frage:
Kann ich, so allein und dreist,
genug Lärm machen,
daß die anderen begreifen, daß ich existiere.